früher zu DDR Zeiten hab ich schon als kleiner Pimpf gut gefunden was die Großen hörten (es gab damals noch Pausenmusik aufm Schulhof

), den ganzen 80er Jahre EBM und Synth Pop Kram: Depeche Mode, Front 242, Nitzer Ebb, Kraftwerk, New Order usw.
Dann hab ich Anfang der 90er Jahre den ganzen Acid House und Rave Kram gut gefunden, bin aber noch zu jung gewesen um auf Partys zu gehen.
1993 bzw. 1994 kam ja viva tv mit der Sendung Housefrau ins Spiel, Mate Galic und Sabine Christ, göttlich (Trash vom Feinsten

), hab so gut wie keine Sendung verpasst. Elektronische Musik im Fernsehen, unglaublich, auch wenns teilweise etwas kommerzig war. Feuerreiter mit Marusha aufm Brandenburger Rundfunk war auch sehr geil. Die ersten Lopas (war leider immer noch zu jung, als das mich meine Mutter allein nach Berlin gelassen hätte

) aufm Kuhdamm bei Housefrau betrachtet, wahnsinn, was sind das für Leute, die mucke, goil.
Dann hab ich natürlich auch immer schön Rave Satellite gehört und mitgeschnitten.
Kohle für Turntables und vinyl hatte ich leider nicht.
1995 glaub ich wars denn endlich soweit, in Lutherstadt Wittenberg machte nen Club auf, Oxyt, meine ersten Partys. Es war der Hammer.
Nach und nach lernte ich die richtig geile mucke kennen, nicht den Kommerz Kram der sonst manchmal so bei Housefrau lief (obwohl es bei Housefrau natürlich Gott sei Dank auch gute Mucke gab).
1998 hörte ich dann von nem neuen Club bei Dessau, das global village.
Eine Freundin schleppte mich dorthin, sie meinte komm doch mal mit, da ist es wirklich cool, coole Leute und geile Mucke. Ich hatte da geradeso meinen Führerschein und mein erstes Auto, also warum nicht. Dann war es vollends um mich geschehen, was ich im global village erlebt habe, war einfach einzigartig. So eine Stimmung, so ein Feeling, so ne geile Mucke, das gabs für mich nie wieder.
Und ich war zwischendurch auch mal in anderen Locations unterwegs (die natürlich auch gut waren, aber ans global village kamen sie nicht heran), z.B.: Tresor, Ultraschall, distillery, U60311 um nur einige zu nennen.
Zwischendurch und nebenher bin ich immer mal wieder in andere Musikrichtungen abgeschweift, z.B.: Alternative, Grunge, Hip Hop, Elektro, Metal, Reggae, drum n bass, Punk, EBM, Darkwave usw.
Housefrau wurde zu House TV, House TV wurde zu Berlin House.
Das ganze ging dann bis 2001 gut denn von da an gings bergab im global village, Techno verkam zu langweiligem hakke Schranz und House verkam zu langweiligem minimal Gedöns. Die Leute stumpften ab, viele hatten auch eine neue Lebensperiode vor sich (Kinder, Familie, Job usw.) und kamen nicht mehr, das Feeling war weg. Viele entpuppten sich auch als Mitläufer, die nur wegen der Drogen und nicht vorrangig wegen der Musik da waren.
Dummerweise hatte ich erst dann die Kohle um mir meine ersten Turntables samt Anlage und Mixer zu leisten. Ich konnte mir aber wenigstens noch den ein oder anderen geliebten Klassiker auf vinyl besorgen. Vorher hatte ich die wenige Kohle, die ich hatte immer verfeiert, war aber trotzdem gut angelegt

.
Na ja, dann bin ich nach Leipzig gezogen und gehe jetzt nur noch ab und zu in die distillery, denn irgendwie ist das leider nicht mehr alles so das Wahre.
Das Wir Gefühl ist überhaupt nicht mehr vorhanden, man lernt kaum noch Leute kennen, was früher anders war, da hab ich jedes Wochenende neue Leute kennengelernt. Jeder ist nur noch für sich, egoistisch und rücksichtslos. Die ganzen guten Clubs haben dicht gemacht.
Na ja, was solls, Schluss mit dem Gejammere, nützt ja nichts.
Überlassen wir den Jüngeren das Feld, sollen sie sehen, was sie draus machen.
Ich kann mich wenigstens glücklich schätzen, die Anfänge der elektronischen Musik, die Gründerjahre sozusagen, miterlebt zu haben. Und das war eine verdammt geile Zeit, diese Euphorie und Aufbruchsstimmung, hach schwelg.
Wenigstens bekommt man in der distillery noch das ein oder andere Mal einen Headliner aus den guten alten Zeiten zu sehen.
Gruß
deepfreak