zonenkind hat geschrieben:...um was gehts denn bei Ichi...?
Inhalt
Der Boss einer Yakuza-Gang ist mit einer Menge Geld und seiner Freundin verschwunden. Die restlichen Gangmitglieder unter der Führung des absolut perversen Kakihara (Tadanobu Asano: "Gojoe", "Electric Dragon 80.000 V", "Gohatto") versuchen nun natürlich, ihren Boss wiederzufinden. Man geht von einem Akt der Konkurrenz aus und foltert sich daher bestialisch durch eine Reihe von vermeintlichen Wissensträgern.
Parallel existiert der Einzelgänger Ichi, der von seinem Mentor Jijii (Shinya Tsukamoto) geradezu hypnotisch beeinflusst wird. Dieser Ichi ist ein verklemmter junger Mann, der aufgrund einer vermeintlichen Vergewaltigung in seiner Jugend, der er beiwohnen musste, einen traumatischen Sadismus entwickelte.
Da sein Mentor Jijii Ichi immer wieder eintrichtert, die Yakuzas wären die Peiniger seiner Jugend, schlitzt sich Ichi mit seinen klingenbewehrten Schuhen durch die Gangstergemeinde. Deren Boss Kakihara ist scharf auf die Konfrontation mit Ichi, weil er nur in ihm einen ernsthaften Gegner und einen Befrieder seiner masochistischen Neigungen sieht....
Kommentar
Entweder Takashi Miike ist ein Genie oder komplett verrückt. Das ist zwar keine neue Erkenntnis, es überkommt einen aber immer wieder. Man glaubt eben gerade noch, Miike immer mehr fassen zu können, ihn vielleicht sogar zu verstehen, nur um dann wieder einen seiner Filme zu sehen, die einen völlig aus dem Konzept bringen.
Um es vorweg zu nehmen: "Ichi The Killer" ist einer der perversesten Filme, die es gibt. Gleichzeitig, jedoch wieder voller Miike-typischer Absurditäten und ironischen Brechungen, so dass die ansonsten schier unerträglichen Gewaltszenen und Darstellung von Körpersäften jeglicher Couleur gottseidank in den Bereich der Lächerlichkeit geraten.
Von einem einheitlichen Regiestil kann bei "Ichi", wie in Miikes Gesamtwerk, nicht im entferntesten die Rede sein. Vermutlich wollte dieser verrückte kleine Japaner wieder mal sein gesamtes Publikum schockieren und zum Entleeren des Mageninhalts bringen und hat sich am Set permanent totgelacht. Und das ist auch das was Ichi ausmacht: Spass!!! Man merkt allen Beteiligten an, dass sie einen Riesenspaß bei der Sache hatten und waren vermutlich alle gespannt wie ein Flitzebogen auf die Premiere. Wenn man dann noch bedenkt, dass ebenbürtige Regiegrößen wie Shinja Tsukamoto ("Tetsuo", "Bullet Ballet", "Gemini") und Sabu ("D.A.N.G.A.N. Runner", "Monday"), die einen fast ebensogroßen Hau wie der Meister selber weghaben, tragende Rollen in dem Film übernahmen, überkommt einen immer mehr Neid, nicht am Set gewesen zu sein. Vermutlich verfielen die Beteiligten nach jeder neu ausgedachten Gemeinheit in krampfartige Lachzustände.
Denn, eine tiefgehende Story hat "Ichi" nicht zu bieten. Zwar versucht uns Miike durch geheimnisvolle Schnitte und unerklärliche Szenen in die Irre zu führen, aber wer ihn kennt, weiß, dass es ihm Spass macht, sein Publikum zu verwirren. Also sollte man weniger Wert auf die Interpretation von kryptischen Sequenzen legen und sich einfach nur auf eine Rollercoasterfahrt durchs Hirn des aufregendsten Regisseurs der Gegenwart einlassen. Ähnlich wie beim Baden sollte man diesen Film allerdings nicht mit prall gefülltem Magen sehen und mitfühlende Persönlichkeiten, die schon bei einer Spritze auf der Leinwand laut "Aua!" schreien, müssen einen riesengroßen Bogen um dieses monströse Spass-Meisterwerk machen, denn einige der dargebotenen Gewalttätigkeiten tun ziemlich weh.
Bedauerlich, dass der ganz großartige Sususmu Terajima (fast alle Kitano-Filme, "Monday", "Shark Skin Man & Peach Hip Girl") schon so frühzeitig in die Foltermühle Kakiharas gerät, da man ihn fortan nur in Ganzkörper-Mullbinden genießen darf. Dafür ist die Art seiner Tortur um so sehenswerter. Offenbar hat der gute Miike eine Obsession was spitze Metallsstäbe im Gesicht angeht. Terajima jedenfalls muss dort einiges über sich ergehen lassen.
Trotz seiner ca. 130 min ist "Ichi" zu keiner Zeit langweilig, obwohl er sicherlich auch nicht jedermanns Sache ist. Düsteren Splatterfans wird das ganze zu humorig sein, da Miike durchaus die meisten Szenen durch ironische Brechung in den Bereich der Erträglichkeit zurückführt. Auch wird man sich beklagen über schlechte CGI-Effekte, die m.E. aber sogar absichtlich auf dem miserablen Niveau gehalten wurden. Für die Schicht der Freunde von asiatischen Gangsterfilmen wiederum dürfte "Ichi The Killer" einerseits zu brutal, andererseits zu albern sein. Letztlich ist "Ichi" ein typischer Miike (und wohl auch nur für dessen Kenner und Verehrer geeignet), der am normalsterblichen Publikum mit Sicherheit komplett vorbeigeht. Das Potential an Absurdität und Surrealismus kann man schon fast in den Bereich von Kunst einordnen, wenn man nicht wüsste, dass Miike nichts als ein moderner Eulenspiegel ist, der jeder Narretei gegenüber aufgeschlossen scheint.
Käuflich zu erwerben ist Ichi in folgenden Ausführungen:
Als DVD aus Deutschland mit deutschen und japanischem Ton (DD 5.1) und deutschen Untertiteln. Bild und Ton sind erstklassig. Als Extras sind zwei Trailer und eine Fotogaleire enthalten. Der Spass kostet leider je nach Händler um die 38 - 50 €.
Als Doppel-DVD aus Holland gibt es Ichi in luxuriöser Aufmachung:
Japanischer Ton (DD 5.1) und englischer Ton (DD 4.0) mit englischen, französischen und hollänsischen Untertiteln. Bild und Ton sind ebenfalls erstklassig. Auf der zweiten Disc sind Trailer, reichlich Interviews mit Miike, Tsukamoto, Asano etc.m Making Ofs, Galerien etc. pp.
Erfreulicherweise kostet diese viel besser ausgestattete DVD nur 33 - 38 €.
Definitiv fernhalten sollte man sich von den DVD-Erzeugnissen aus Hong Kong und UK, da diese reichlich gekürzt auf den Markt geschmissen wurden.