Die GEMA kassiert für eine Veranstaltung, auf der einzig CC-

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deo
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Die GEMA kassiert für eine Veranstaltung, auf der einzig CC-

Beitrag von deo »

Da kommt der Lokalpatriot durch!!
Im April diesen Jahres spielte ich auf der Veranstaltung “Connected by Netaudio” in Weimar, die von Jan Stern alias audite im Zuge seiner Diplomarbeit veranstaltet wurde. Es gab im Vorfeld die nachdrückliche Bitte von Jan, dass wirklich nur unter Creative Commons veröffentlichte Musik in dieser Nacht zu spielen sei. Das machte es mir als DJ nicht sonderlich leicht, weil ich Musik ungern derartig kategorisiere, aber ich sagte zu und spielte dort. Wie von Jan gewünscht einzig unter CC lizensierter Musik. Soweit ich das beurteilen kann, hielten sich auch alle anderen der spielenden DJs an diese Vorgabe, gehörte diese schließlich zum Konzept der Veranstaltung.

Ich verbrachte noch den nächsten Vormittag in Weimar und fuhr wieder nach Hause.

Ein paar Wochen später bekam ich eine Mail von Jan, in der er um die konkrete Tracklist meines Sets von diesem Abend bat, da er diese für die GEMA bräuchte, die nun aufgrund der “GEMA-Vermutung” Lizenzgebühren für diesen erhob. Er brachte ein, dass das ja unsinnig sei, da keiner der gespielten Tracks in Urheberschaft eines GEMA-gemeldeten Künstlers läge. Die GEMA aber wäre nicht die GEMA, wenn sie sich damit zufrieden gegeben hätte und forderte (natürlich) weiterhin eine ordentlich Summe Geld in Höhe von 200 EURO. Jan sollte jeden an diesem gespielten Track einem Urheber zuordnen – und zwar dem jeweiligen Klarnamen, wie eine Mail deutlich macht.

Bezogen auf das Telefonat vom 26.09.2011 teilen wir mit, dass – wie bereits schon dargelgt – eine Prüfung der eingerichten Titellisten nur mit Angabe der bürgerlichen Namen der Urheber und deren Titel erfolgen kann. ES ist zwar möglich, dass ein Mitglied auch unter einem Pseudonym registriert sein kann. Zur Beantragung der Mitgliedschaft ist jedoch stets der bürglerliche Name anzugeben.

Wir verweisen an dieser Stelle nochmals auf die GEMA-Vermutung und fügen eine Information zu dieser Thematik als Anlage bei.

Jan recherchierte daraufhin einige der Urheber, aber eben nicht alle. Wenn man sich vorstellt, was in einer Zeit von gut acht Stunden so an einzelnen Tracks über einen Dancefloor geht, ist das durchaus nachvollziebar, kommt man doch dabei auf locker 100 Tracks. Diesen sollten nun alle den bürgerlichen Namen der Produzenten zugeordnet werden, die zusätzlich dazu auch erstmal noch recherchiert werden müssten. Gemessen daran, dass Netaudio eine sehr internationale Angelegenheit ist, die zudem manchmal mit Infos dieser Art eher geizig umgeht, eine fast unmöglich zu erfüllende Aufgabe. Dazu kommt, dass viele der einstigen Netlabels nicht mehr existieren und die Kommunikationswege zu den Künstlern deshalb abgeschnitten wurden.

Alles kein Problem der GEMA, die beharren trotzdem auf ihrer Forderung und das obwohl nach persönlicher Aussage “des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzende der GEMA, Frank Dostal (im Jahr 2009 gegenüber Jan, Anm. Ronny) , dass sehr wohl auch die Künstlernamen bei Ihnen gelistet sind, selbst wenn die Urheber ihre bürgerlichen Namen angeben müssen.”, wie Jan nach einigem hin und her der zuständigen Sachbearbeitung zu erklären versuchte. Das half alles nichts.

Jan vermutet folgende Beweggründe, wie er in einer Mail an die GEMA schrieb:

Ihnen mangelt es einfach in beiden Fällen an Wille und Interesse, Ihre
Listen mit den von mir zur Verfügung gestellten Angaben abzugleichen. Stattdessen berufen Sie sich immer wieder auf die GEMA-Vermutung, die Ihnen das Recht gibt, jede Musikveranstaltung unter Generalverdacht zu stellen GEMA-Repertoire aufzuführen, wobei im Falle eines Widerspruchs die Beweispflicht allein beim Veranstalter liegt. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass es sich hierbei zwar um eine generelle Klausel handelt, diese Sie jedoch nicht gleichermaßen dazu berechtigt, sich jeglicher Kommunikation zu entziehen. Es ist mir unerklärlich, wie Sie selbst jeglichen Arbeitsaufwand von sich weisen, sich mit Antworten unverhältnismäßig lange Zeit lassen und stattdessen vom Veranstalter verlangen, alle bürgerlichen Namen der Urheber (und sicherlich auch Geburtsdatum und Wohnort) innerhalb kürzester Zeit zu recherchieren.

[...]

Die GEMA-Vermutung mag Ihnen Recht geben. Mit Gerechtigkeit hat dies allerdings rein gar nichts zu tun. Spätestens seitdem es für eine breite Masse möglich geworden ist, zu Hause am eigenen PC Musik zu produzieren und diese über klassische Wege, also auf Tonträgern oder
eben auch über das Internet in MP3-Form zu vertreiben, ist die Annahme, der Großteil aller Musiker sei bei der GEMA organisiert, erneut zu prüfen und entsprechend anzupassen.

Um weiterem Ärger zu entgehen und auch weil Jan weder die Zeit noch die Möglichkeiten hat, dem Verlangen der GEMA nachzukommen, hat er jetzt also für eine Veranstaltung auf der einzig unter Creative Commons lizenzierte Musik gespielt wurde, Geld an die GEMA gezahlt.

Warum ich das schreibe: weil ich damit als CC-Musiker Geld in die Kassen der GEMA bringe und weil ich das für äußerst paradox halte.

[UPDATE] Weil das hier vielleicht missverständlich ist, oder nicht ganz deutlich aus dem Text hervorgeht, hat Jan das eben noch mal in die Kommentare geschrieben:

noch mal für alle: ich habe die gema im vorfeld der veranstaltung angerufen, ihr den speziellen charakter der veranstaltung erklärt und sie vor der veranstaltungsdurchführung schriftlich ordnungsgemäß angemeldet.
nach der veranstaltung habe ich eine musikliste mit künstler-, titel- und labelangabe zur gema geschickt. sie konnten/wollten sie nicht bearbeiten. dafür sind die bürgerlichen namen, wohnorte und geburtsdaten (um verwechslungen vorzubeugen) nötig. diese kann ich nur schwer bei allen titeln herausfinden. neben der tatsache, dass viele labels nicht mehr existieren, die files teilweise nur noch auf archive.org zu finden sind u manche vielleicht auch gar nicht ihre namen raus geben wollen, stellt dies einen unverhältnismäßigen arbeitsaufwand dar.
ich habe dann von allen titeln die downloadlinks heraus gesucht, bei denen die gema jedesmal sehen kann, dass die titel unter cc lizensiert sind. alleine das müsste als indiz langen, da die gema ja solche vorgehensweisen für ihre künstler meines erachtens verbietet.

[Update 2] Franco Walther von der GEMA kommentierte eben folgender Maßen:

Guten Tag zusammen,

wie im Artikel-Update erwähnt, hat die Bezirksdirektion Dresden die Titelliste, die die Künstler bzw. Interpreten enthält, deren Stücke an dem Abend gespielt wurden, erhalten. Diese konnte leider nicht überprüft werden, da Interpreten oft nicht identisch mit den Urhebern sind. Die GEMA benötigt jedoch die an den Titeln beteiligten Urheber. Daraufhin wurde vom Veranstalter eine Liste mit vier Urhebern übermittelt. Leider reicht die Nennung von lediglich vier Urhebern allein nicht aus, um von einer GEMA-Freiheit aller Werke auszugehen. Wir hoffen allerdings, die Unklarheiten bei einem persönlichen Gespräch ausräumen zu können, das in den nächsten Tagen stattfinden wird.
Quelle: http://www.kraftfuttermischwerk.de/blogg/?p=30917" onclick="window.open(this.href);return false;
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Flekk
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Beitrag von Flekk »

lol... das heißt wenn ein track von mir auf irgend ner party läuft, verlangt die gema meinen vor und zunamen, meine anschrift und mein geburtsdatum vom veranstalter? Hakts? :lol:
http://soundcloud.com/flekk
http://www.facebook.com/FlekkSound" onclick="window.open(this.href);return false;
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Püppchen
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Beitrag von Püppchen »

Die werden echt immer dreister. Is das traurig. Und die Acts haben nicht mal was davon. Das ist einzigst und allein eine Einnahmequelle für die GEMA um ihre Mitarbeiter zu bezahlen. Oder wer bekommt jetzt das Geld für eine Veranstaltung wo einzigst und allein Platten aufgelegt werden von Leuten die nicht GEMA gelistet sind?

Wir mussten mal 300€ an die GEMA bezahlen für unsere Kleine Ausflüge Veranstaltung in der G16, da eine Band dort spielte die sich ein halbes Jahr oder so nach der Party bei der GEMA angemeldet hat. Nun wirkt das bei der GEMA immer rückwirkend zum 1. des Jahres. Die Band hat glaub 15€ wenn überhaupt bekommen, von 300€ die die GEMA bekommen hat. Man müsste die echt verbieten!!! :?
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Beitrag von me11ow »

heise telepolis ist an dem thema dran und wartet auf ne stellungnahme der gema
„Wenn die Verhältnisse irre werden, werden die Irren zu Profis“

[20:00:50] MaiKind: bor krass. Volllaufen schreibt ma nu mit 3 f
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Beitrag von me11ow »

m April veranstaltete der damalige Diplomand Jan Stern einen in der Essential Existence Gallery in Leipzig und der Bauhaus-Universität in Weimarer gleichzeitig abgehaltenen Konzept-Tanzabend, auf dem acht Stunden lang ausschließlich Musik mit Creative Commons Lizenz gespielt werden sollte. Dies hatte er nicht nur den Discjockeys und der Öffentlichkeit, sondern auch der Gema mitgeteilt, der er auf Anforderung eine "Musikliste mit Künstler-, Titel- und Labelangabe" und später auch die Downloadlinks mit den Lizenzangaben zukommen ließ.

Die Gema schickt Stern darauf hin wider Erwarten eine Rechnung über 200 Euro, die sie damit begründete, dass sich unter den Urhebern auch solche befinden könnten, die bei ihr gemeldet sind. Sicherausschließen könne man das nur, wenn Stern für alle gespielten Stücke die bürgerlichen Namen der Komponisten und Texter sowie deren Wohnorte und Geburtsdaten mitteilt.
http://www.heise.de/tp/artikel/35/35869/1.html" onclick="window.open(this.href);return false;
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Jens
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Beitrag von Jens »

hmm... aber was bei rausgekommen is bisher noch nich, oder? das "klärende gespräch" steht ja nun immer noch aus. ich bin gespannt.

für die musiker hier: http://musik.klarmachen-zum-aendern.de/ ... utung-1255" onclick="window.open(this.href);return false;
ich hab mich eingetragen. evtl. bewirkts ja sogar was.
Herr Lehmann: "Das ist eine neue Kassette von Silvio!"
Erwin: "Das ist doch Acid House. Pass auf, dass die Leute hier keine Drogen nehmen."

http://www.soundcloud.com/jens-porath
http://www.youtube.com/user/scyhte82
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Beitrag von das zirkuskind »

genau dieses problem hatte ich ja schon (mehrfach).
beweispflicht auf unserer seite -
pistole auf der brust weil die schon anwälte schreiben lassen -
gespräche und briefwechsel bei denen die gema nicht willens ist zu kooperieren und zb immer auf bürgerliche namen pochen und und und....
wurde hier auch ausgiebig diskutiert.

dass das jetz jan passiert bei einer va ,deren ausdrückliches motto cc-musik ist, ist das sahnehäubchen auf dem skandal-pudding namens gema.
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deo
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Beitrag von deo »

Habs noch nicht gelesen, aber das ist die aktuelle Stellungnahme vom Jan (Audite)
Das Thema GEMA kursiert immer mal wieder in den Medien, wenn es zum Beispiel um You Tube und Musikvideos geht, aber auch in Musiker- und Veranstalterkreisen ist dies immer wieder ein emotional aufgeladenes Thema. Dabei werden oft Fakten mit Halbwahrheiten oder gar Unwissen vermischt und dies ist auch kein Wunder, wenn es um solch komplexe juristische Themen, wie Urheberrecht, Copyright, Aufführungsrecht, Lizenzierung u.s.w., geht.
Ich behaupte nicht, dass ich die komplette Rechtslage bzgl. Urheberrecht und die Vorgehensweise der GEMA lückenlos durchschaue, vielleicht trägt der Artikel über meine eigenen Erfahrungen dennoch zur Aufklärung bei. Für Ergänzungen und Hinweise bin ich jederzeit dankbar. Einsteiger bekommen hier einen kleinen Überblick.

Nun zu dem konkreten Fall:
Zusammen mit der Essential Existence Gallery startete ich 2009 die erste Netaudio Nacht in Leipzig. Neben der Musikveranstaltung am Abend wurden auch tagsüber Workshops und Ausstellungen zu freien Lizenzen angeboten und zu einer Podiumsdiskussion zu Netlabels, Urheberrecht und Creative Commons eingeladen. 2010 wurde die Folgeveranstaltung, diesmal nur mit Musik, durchgeführt. Im April 2011 wurde mit „connected by Netaudio“ ein weiterführendes Projekt gewagt, welches zusätzlich die Grundlage meiner Diplomarbeit darstellte.
Neben der konsequenten Weiterentwicklung der Netaudio Nächte, war das Internet in vielerlei Hinsicht Thema der Veranstaltung und so war auch klar, dass die eingeladenen DJs und Live-Acts nur Titel spielen durften, die unter einer Creative Commons Lizenz oder zur völlig freien Nutzung im Internet angeboten werden. Bei dieser Musik kann man davon ausgehen, dass die Künstler nicht bei der GEMA gelistet sind, da die GEMA den Künstlern, die sie vertritt, verbietet, gleichzeitig bei anderen Verwertungsgesellschaften zu veröffentlichen oder gar Titel kostenlos im Internet zur Verfügung zu stellen. Die theoretische Möglichkeit, dass ein Künstler, der anfangs auf kostenlosen Netlabels veröffentlichte, nach steigendem Erfolg doch zur GEMA geht, besteht natürlich immer, ist jedoch durchaus selten.
Durch die GEMA-Vermutung, die sich wiederum aus § 13c und § 13b des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes ergibt, ist jeder Musikveranstalter in der Pflicht, seine Veranstaltung im Vorfeld bei der GEMA anzumelden und sofern er beweisen möchte, dass er keine GEMA-Musik gespielt hat, muss er dies anhand einer Musikfolge, die er nach der Veranstaltung der GEMA übermittelt, belegen. Die GEMA-Vermutung ist durch das Bundesverfassungsgericht gedeckt und nach meinen Informationen 2008 nochmal bestätigt worden.

Zurück zur Veranstaltung:
Im Vorfeld der Veranstaltung rief ich die GEMA an, erzählte ihr von dem speziellen Charakter der Veranstaltung und betonte auch, dass nur GEMA-freie Musik zum Einsatz kommt. Man nahm dies zur Kenntnis und bat mich, im Anschluss eine Musikfolge zur Prüfung zu übermitteln.
In der Woche nach der Veranstaltung schickte ich der GEMA diese Musikfolge mit Künstler-, Titel- und Label(code)angabe der gespielten Titel. Wir sprechen von 78 Titeln und von ca. 50 Künstlern. Nach zweieinhalb Monaten bekam ich von der GEMA eine Rechnung über 200 €, mit dem Hinweis: „Eine Prüfung der eingereichten Titellisten kann nur unter Angabe der Namen der Urheber nicht der Namen der Künstler erfolgen. Sofern eine solche Liste noch nachgereicht wird und die Prüfung freies Repertoire ergibt, erfolgt Gutschrift.“
Ich legte schriftlich Einspruch ein und begründete dies damit, dass ich meinen Veranstalterpflichten nachgekommen bin und dass in diesem Fall Künstler und Urheber dieselbe Person sind. Ich bat erneut um das Abgleichen der Musikfolge mit dem Repertoire der GEMA.
Wieder vergingen zwei Monate bis ich erneut Post von der GEMA bekam. Man führte nun ergänzend an, dass ein Abgleich nur mit der Angabe der bürgerlichen Namen der Urheber möglich ist. Sechs Tage zuvor bekam ich die erste Mahnung, die aber nach einem Telefongespräch ausgesetzt werden sollte.
Ich sah es als einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand an, von allen Urhebern die bürgerlichen Namen (und ggf. Wohnort und Geburtsdatum) zu recherchieren. Dies ist nicht nur sehr aufwendig, sondern praktisch unmöglich, da viele Netlabels gar nicht mehr existieren und die Tracks nur noch auf http://www.archive.org" onclick="window.open(this.href);return false; zu finden sind und somit auch oft die Kontaktpersonen der Labels nicht mehr recherchierbar sind. Ich machte mir nun die Mühe, von allen Titeln die Downloadlinks im Internet zu suchen und schickte die ergänzte Musikfolge erneut zur GEMA. Anhand der Links konnt man nun einsehen, dass alle Titel mit einer Creative Commons Lizenz versehen sind oder komplett ohne Nutzungseinschränkungen angeboten wurden. Aufgrund der oben geschilderten, vertraglichen Vereinbarung zwischen Urhebern und GEMA, hätte dies zumindest als Indiz ausreichen müssen, dass die GEMA das freie Repertoire anerkennt. Stattdessen schickte mir die GEMA die zweite Mahnung und bestand auf der Zahlung. Sollte dies nicht erfolgen, drohte man „ohne weitere Ankündigung Klage auf Zahlung“ zu erheben.
Aufgrund der aktuellen Rechtslage liegt die Beweispflicht bei mir und eine Klage hätte ich zwar riskieren können, jedoch habe ich weder eine Rechtsschutzversicherung noch die finanziellen Mittel, geschweige denn Zeit in einen juristischen Streit zu ziehen, bei dem die Chancen auf Gewinn sehr niedrig sind. Rechtsempfinden und Rechtslage sind eben nicht immer das Gleiche.
Ich überwies den geforderten Betrag, allerdings ohne die Mahngebühren wegen der vorherigen telefonischen Rücksprache darüber.
Ich schrieb der GEMA einen Brief, in dem ich der Behörde mein Unverständnis über ihr Handeln mitteilte und bat um ein Gespräch, um den konkreten Fall nochmal durchzusprechen und auch um evtl. Lösungen für zukünftige, derartige Veranstaltungen zu finden.
Durch ein paar unglückliche Umstände gelang das Thema recht schnell in die Medien. So berichtete das Kraftfuttermischwerk als erstes über den Fall. Telepolis/www.heise.de, die taz und viele andere Weblogs machten den Fall weiter publik. Nun mag ich nicht beurteilen, ob sich die GEMA aufgrund des öffentlichen Drucks zu einem Gespräch bereit erklärte oder ob sie wirklich an einer Klärung der Sachlage interessiert war. Wie dem auch sei, das Gespräch fand am 06.12.11 in der Bezirksdirektion Dresden mit deren Direktor statt.

Bei dem Gespräch wurde offensichtlich, dass die GEMA kaum einen Blick für die Realität hat. Sie scheint nur Mainstream und entsprechende Veranstaltungen zu kennen und kann sich nicht so recht vorstellen, dass bei einer Veranstaltung Musik gespielt werden kann, die nicht bei der GEMA gelistet ist, geschweige denn, dass jemand dazu tanzen würde. Dabei sind Drum & Bass, Dubstep und viele weitere, dem Mainstream nicht angehörige, Musikrichtungen nicht nur keine Modeerscheinung, sondern werden von Menschen auf der ganzen Welt gehört und auch hier gibt es „Stars“, die damit ihren kompletten Lebensunterhalt bestreiten können. Auch existieren Musikveranstaltungen abseits von Großraumdiskotheken in kleinen Clubs, Bars und Off-Locations, die Woche für Woche von vielen Besuchern frequentiert werden.
Die GEMA nahm also wohl an, dass man hier versucht, sich um die Kosten zu drücken, die man aber rechtmäßig zu zahlen hätte.
Der ausschlaggebende Grund, dass man weiterhin auf der Zahlung bestand, war, dass in der von mir angegebenen Musikfolge Künstler aufgeführt waren und keine Urheber. Dass ich in meinem ersten Antwortschreiben nochmal betonte, dass in diesem Fall Urheber und Künstler dieselbe Person sind, wurde wohl überlesen.
Ich selbst verstehe unter einem Künstler vieles im Musikbereich. Das kann ein DJ genauso wie ein Produzent, Sänger, MC u.s.w. sein. Wenn also jemand zu Hause an seinem PC einen Track produziert und der von einem DJ im Club gespielt wird, sind für mich beide Künstler.
Die GEMA hat es aber natürlich überwiegend mit Mainstream-Musik zu tun. Hierbei passiert es ja nicht selten, dass die neuesten temporären Casting-Stars oder andere erfolgreiche „Musiker“ auf schon bestehendes Lied- und Textgut zurückgreifen. Unter einem Urheber versteht die GEMA hier den ursprünglichen Texter und/oder Komponisten, unter einem Künstler, denjenigen, der dieses Werk aufführt. Der ausübende Künstler wird von der GVL, der Urheber von der GEMA vertreten. Wenn ich also auf meiner Veranstaltung Zlatko mit „Ich vermiss dich wie die Hölle“ spiele, muss ich bei der GEMA nicht Zlatko als Urheber angeben, sondern Bob Arnz, da dieser das Lied komponierte und textete, Zlatko ist hingegen nur der ausübende Künstler.
Man sagte mir bei der GEMA, dass meine Angabe des Künstlers und nicht die des Urhebers missverständlich war (die Spalten der Tabelle waren in Künstler/Titel/Label unterteilt). Bei den allermeisten Tracks, die man jedes Wochenende in elektronischen Musikclubs hört, sind Urheber und Künstler aber eben ein und dieselbe Person und dies führte ich ja auch bereits in meinem ersten Antwortschreiben mit an.

Nun gut, man versicherte mir, dass man die Musikfolge nun erneut prüfen wolle und man versicherte mir auch, dass die GEMA neben den bürgerlichen Namen auch die Pseudonyme (ich würde auch gerne Künstlernamen sagen, aber dann könnte es wieder Missverständnisse geben) gelistet hat und somit auch das Abgleichen von den von mir angegebenen Pseudonymen der Urheber der Netaudiomusik möglich ist. Die bürgerlichen Namen waren oder sind also eigentlich gar nicht vonnöten. Wenn festgestellt wird, dass ich nur freies Repertoire habe aufführen lassen, bekomme ich die 200€ zurückerstattet – nächstes Jahr – hoffentlich.
Meinem Vorschlag, mir doch bitte die Fahrtkosten nach Dresden zu erstatten, konnte leider nicht nachgekommen werden, da die GEMA dafür kein Budget hat. Eigentlich schade, schließlich hat die GEMA hier ja offensichtlich einen Fehler gemacht. Ich hätte ja auch zusätzlich so dreist sein und meinen Arbeitsausfall geltend machen können, denn die unzähligen Stunden, die ich nun schon für die GEMA wegen EINER Veranstaltung aufgebracht habe, hielten mich davon ab, etwas Sinnvolleres zu tun, wie z.B. eine Folgeveranstaltung von „connected by Netaudio“ zu organisieren.

Der geschilderte Fall ist nur einer der vielen negativen Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren mit der GEMA gemacht habe und damit bin ich nicht alleine. Mir persönlich bekannte Veranstalter haben schon diverse aufreibende Verfahren mit der GEMA durchstehen müssen und auch im Internet liest man immer wieder von skurrilen Fällen.

Ich möchte betonen, dass ich das eigentliche Engagement der GEMA gut finde, also dass Urheber/Musiker/Künstler von ihrem kreativen Schaffen auch Tantiemen erhalten, wenn die Werke aufgeführt werden. Jedoch geht die GEMA, gedeckt durch die GEMA-Vermutung, in vielerlei Fällen sehr unverhältnismäßig vor. Die GEMA unterstreicht immer wieder gern, dass sie diese Legitimation durch das Gesetz hat und dass sie die Urheberrechte von über 64.000 Mitgliedern in Deutschland (und von über zwei Millionen Rechteinhabern auf der Welt) vertritt. Ich bin jedoch der Meinung, dass die Annahme, dass aufgrund dieser Tatsache auch überall GEMA-Musik gespielt wird, längst überholt und veraltet ist. Mittlerweile haben sehr viele Menschen die Möglichkeit, Musik zu Hause, ohne ein Tonstudio, zu produzieren. Der Weg, diese Musik zu veröffentlichen, muss nicht mehr über die klassischen Tonträger passieren, sondern kann auch digital erfolgen. Ob dies nun frei, unter Creative Commons, bei Net- oder digitalen Bezahllabels passiert, ist völlig irrelevant. Auch viele Urheber von Platten und/oder CDs sind gar nicht bei der GEMA, da sie so kleine Auflagen verkaufen, dass es sich nicht für sie lohnen würde, zur GEMA zu gehen.
Ich bitte daher jeden Produzenten von Musik, der jemals einen Titel produziert hat und diesen, in welcher Form auch immer, veröffentlicht hat und nicht bei der GEMA gemeldet ist, dies anzuzeigen und damit die Aktion der Musikpiraten zu unterstützen. Es geht darum, darzulegen, dass die GEMA nicht (mehr) die Mehrheit aller Urheber von Musik vertritt. Auf der Seite der Musikpiraten findet man ein entsprechendes Formular zum Eintragen und Absenden.

Die GEMA hat zudem nur ein faktisches, aber kein rechtliches Monopol in Deutschland. Der GEMA fehlt schlicht und ergreifend Konkurrenz. Daher ist es wichtig, weitere Verwertungsgesellschaften aufzubauen, insbesondere auch für Künstler, die unter Creative Commons veröffentlichen. Ich würde natürlich lieber diesen Künstlern Anteile von Netaudio-Veranstaltungen zukommen lassen, als das Geld an die GEMA abführen zu müssen, für Künstler, die niemals auf meinen Veranstaltungen gespielt werden. Ein Versuch eine Creative Commons Verwertungsgesellschaft zu gründen gibt es auch schon, jedoch kenne ich den aktuellen Stand leider nicht.

Des Weiteren liegt die Wurzel des Problems viel tiefer. Das aktuelle Urheberrecht ist nicht an die digitalen Möglichkeiten und nicht an das Internet angepasst. Regulierung muss sein, so, wie aber zur Zeit die rechtliche Lage ist, wird mehr zerstört, als dass zum Wohle der Urheber gehandelt wird. Eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten fair ist, ist bei all den technischen Möglichkeiten, die wir heute haben, nur sehr schwer, dessen bin ich mir bewusst. Dennoch bin ich der Meinung, dass es Lösungen gibt, die fairer sind als die aktuelle Praxis. Die Politik ist also gefragt. Was wir von der zu erwarten haben, sieht man aber an Statements von Angela Merkel oder dem aktuellen „Kaudergate“, mit Guttenberg in Verbindung mit Urheberrecht will ich gar nicht erst anfangen.
So lange eine Lobby existiert, die ein (finanzielles) Interesse hat, an dem alten Modell festzuhalten, wird sich die (rechtskonservative) Politik wohl kaum ihre Stammwähler und Spender vergraulen wollen. Ob dies bei der Opposition anders aussehen würde, vermag ich nicht zu beurteilen. Hoffnung gibt es dennoch.
Fakt ist, dass jeder einzelne dafür sorgen sollte, dass das Thema Urheberrecht immer wieder angesprochen wird und so der Druck auf die Politik größer wird!
So gut wie jeder, der im Internet unterwegs ist, greift auf Inhalte zu, die aufgrund von Urheberrechtsverletzungen entstanden sind oder begeht gar selbst welche, ohne vielleicht das Gefühl zu haben, etwas Unrechtes zu tun.

[Da wir hier das Thema Urheberrecht und Creative Commons nun gut durchgekaut haben stelle ich diesen Artikel unter der CC BY-NC-SA 3.0 Lizenz zur Verfügung]

Jan Stern
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Sebbel hat geschrieben:"Promoset for driving people for finding the way of society unemployment."
jens hat geschrieben:ein promoset für leute die fahren, um die art der gesellschaft arbeitslosigkeit zu finden??
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Beitrag von audite »

ich stell hier nochmal den link rein. im artikel sind ja noch einige querverweise über hyperlinks, die recht nützlich sein könnten für leute, die sich intensiver über das thema informieren wollen. trotzdem danke für´s posten ;)

http://www.audite.org/2011/12/08/die-ge ... tandnisse/" onclick="window.open(this.href);return false;
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